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"...lesungen fühlen sich noch seltsam an." - svenja gräfen las bei transfer aus ihrem Debütroman

Svenja Gräfen Das Rauschen in unseren Köpfen Lesung bei transfer in Dortmund

"Beim Poetry Slam ist es lauter, man wird groß angekündigt, dann kommt der tosende Applaus und wenn man keinen guten Tag hat, weiß man sicher, es kommen noch acht andere nach einem, die es rausreißen können."
Svenja Gräfen ist Jahrgang 1990 und schon seit sieben Jahren ein fester Bestandteil der deutschen Poetry Slam-Szene. Sie slammt vor allem über Politisches, Zwischenmenschliches und Feminismus.
Sie schreibt allerdings schon seit 17 Jahren und bevor sie schreiben konnte, diktierte sie ihrer Mutter die Geschichten in den Block.
Im April ist bei Ullstein Fünf ihr Debütroman erschienen: "Das Rauschen in unseren Köpfen", eine Liebesgeschichte zweier Mitzwanziger in Berlin - so weit, so Klischee - denen die Vergangenheit dazwischenfährt und "das Jetzt tilgt", wie es so schön auf dem Klappentext heißt.
"Lesungen fühlen sich noch seltsam an." sagt Gräfen und rückt sich Stuhl und Mikrofon zurecht. Klar, in einer Buchhandlung fehlt die Clubatmosphäre und alle Verantwortung liegt bei ihr. Die Premierenlesung im Grünen Salon der Volksbühne in Berlin hat sie komplett selbst organisiert und konnte sich am Ende über 100 Premierengäste freuen. Auch das ist Neuland, also das selbst Organisieren, geslammt hat Gräfen auch schon vor großem Haus.

 

dsc03288_thumb.jpgBei unserer Lesung Anfang Mai hat Svenja Gräfen erst einmal andere Sorgen: Sie war gerade noch mit einer Freundin essen, "Unmengen Aioli. Soviel Knoblauch vor einer Lesung, das war sehr dumm." Der Hals ist ein wenig trocken, aber die Stimme klingt trotzdem gut und die Geschichte von Lene und Hendrik zieht das Publikum gleich in ihren Bann.
"Svenja Gräfens Sprache ist kunstvoll und von einer eigentümlichen Schönheit." schwärmt Autor Benedict Wells. Ihre Prosatexte schreibt sie nicht anders als ihre Slamtexte, erklärt Svenja Gräfen auf eine Frage aus dem Publikum: Im Buch gibt es eine herrliche Szene der beiden Frischverliebten, wie sie albern und ganz auf sich bezogen in einem Supermarkt durch die Gänge kaspern, dabei in den Wagen packen, wonach ihnen gerade der Sinn steht, Avocado und Schokolade, und sich Töpfchen frischen Thymians mit großer Geste als Blumenstrauß überreichen. Diese Bilder sah sie bei ihrem eigenen Einkauf im Supermarkt vor sich und tippte die Fetzen der Szene noch an der Kasse ins Smartphone. "Das schöne am Schreiben ist, dass man sich etwas ausdenken kann!", sagt Gräfen. Beobachtungen von Menschen und Situationen fließen manchmal mit ein, werden weitergesponnen und verselbstständigen sich.

 

10_2017-05-03_lesergespraech_thumb.jpgDie Arbeit am 'Rauschen' dauerte insgesamt drei Jahre. Zwischendurch passierte auch mal Monate gar nichts und dann ging die Arbeit am Text wieder sehr konzentriert weiter und das über Wochen, angefeuert von trauriger Folkmusik. Dazu passend hat sie bei Youtube eine Playlist mit Songs veröffentlicht.
Zwischen den Lesepassagen erzählt Svenja Gräfen vom Schreiben und Musikhören, vom Slammen und von ihren Figuren. Schon während der Lesung kommen Fragen nach der Handlung auf, warum sie Wendungen baute, wie sie sie baute und ob sie mit ihren Figuren mitleide - "Manchmal saß ich schon da und dachte: Warum sind sie so doof und machen es sich so schwer!" Gelächter.
Ein überwiegend junges Publikum, von dem ein großer Teil Gräfen schon als Slammerin kannte, verwickelte die Autorin in ein lebhaftes Gespräch über ihr Buch. Es wurde auch gefragt, ob sie den Roman chronologisch geschrieben hat: "Leider nicht, das habe ich bei der Nachbearbeitung sehr bereut." Die Geschichte steckt so voller kleiner Details, man kann es sich vorstellen, wie mühsam das Abgleichen der Textpassagen nach drei Jahren Schreiben war.

Svenja Gräfen wohnte vor ihrem Umzug nach Berlin im letzten Jahr lange in Dortmund, nach der Veranstaltung hieß es für sie, ab in die Nordstadt, Freunde treffen. Und danach ging das Rauschen weiter, nach Augsburg kam Göttingen.

In unserer Bildergalerie bekommen sie einen kleinen Einblick von einem schönen Abend.